Akzeleration

1. Allgemein: Beschleunigung, Entwicklungsbeschleunigung.
2. Beim Menschen der während der Kindheit und Jugend im Vergleich zu früheren Jahrzehnten rascher und höher ausgeprägte Verlauf von Entwicklungsprozessen, wobei zwischen der säkularen und der individuellen Akzeleration zu unterscheiden ist.

Die säkulare Akzeleration wurde seit dem 19. Jahrhundert zunächst nur in der physischen Entwicklung nachgewiesen und erst in neuerer Zeit ebenfalls für bestimmte Bereiche der psychischen und motorischen bzw. sportmotorischen Entwicklung festgestellt. Besonders deutlich wird sie dadurch, daß sich Kinder und Jugendliche im Vergleich mit solchen früherer Jahrzehnte biotisch schneller entwickeln, durchschnittlich größer und schwerer sind sowie höhere Endwerte zum Abschluß des Wachstumsalters erreichen (Körperhöhe, Körpermasse, weitere biotische Kennwerte). In der psychischen und motorischen Entwicklung sind analoge Beschleunigungen und Höherausprägungen vor allem im Bereich intellektueller und motorischer Fähigkeiten bzw. Leistungen festzustellen. Mit diesen und anderen Merkmalen der Akzeleration sind allgemein günstigere Voraussetzungen für sportliche Leistungs- und Belastungsanforderungen als in früheren Jahrzehnten gegeben. Auch der vergleichsweise frühere Beginn des sportlichen Höchstleistungsalters ist teilweise auf die Akzeleration zurückzuführen. Die individuelle Akzeleration besteht in einer Entwicklungsbeschleunigung, die sich in einem zeitlich früheren Auftreten bestimmter Entwicklungsmerkmale gegenüber der für eine Alterspopulation normativen Entwicklung dieser Merkmale äußert. Sie ist das Gegenteil der Retardation und demzufolge durch gleiche Merkmale, jedoch mit entgegengesetztem Entwicklungsverlauf gekennzeichnet. Individuell akzelerierte Kinder bzw. Jugendliche werden deshalb im Unterschied zu den Spätentwicklern entsprechend als Frühentwickler bezeichnet. Die individuelle Akzeleration prädestiniert besonders bei Anforderungen, die entwickelte Kraft- bzw. Ausdauerfähigkeiteil voraussetzen, zu höherer Leistungs- und Belastungsfähigkeit als normativ (durchschnittlich) entwickelte und vor allem retardierte Sportler. Im Hinblick auf koordinative Fähigkeiten oder das sporttechnische Können ist dagegen bei ausgeprägter individueller Akzeleration häufiger die gegenteilige Leistungsdisposition festzustellen. Eine individuelle Akzeleration sollte in ihrem Ausmaß bestimmt (diagnostiziert) und bei der Leistungs- und Prognoseeinschätzung sowie der Belastungsgestaltung berücksichtigt werden. [74]

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