Inhalt und Formen des Schwimmens für Behinderte.
Schwimmen wird als das „wertvollste aller Übungsgebiete“ im Behindertensport bezeichnet (H. LORENZEN, L. GUTMANN). Dem Behinderten kann durch das Schwimmenlernen bewußt gemacht werden, daß er in der Lage ist, mit den noch erhaltenen motorischen Funktionen das Element Wasser zu beherrschen. Das Erlebnis einer recht freien Bewegungsmöglichkeit (ohne orthopädische Hilfsmittel) löst zudem positive Effekte im emotionalen Bereich aus, die das Selbstbewußtsein stärken und ein positives Selbstwertgefühl vermitteln. Da das Element Wasser recht freie Bewegungsmöglichkeiten erlaubt, werden wichtige motorische Erfahrungen erworben, die auf anderem Wege nur selten zu erreichen sind. Grundsätzlich können alle Schwimmarten auch von Behinderten erlernt bzw. betrieben werden, wobei ja nach Art und Grad der Behinderung koordinative Umstellungen erforderlich sind. Den Behinderten muß allerdings mehr Zeit und Gelegenheit als Nichtbehinderten gegeben werden, damit sie ihren eigenen koordinativen Lösungsweg finden. Das spielerische Element sollte dabei ganz bewußt vor jeder übersteigerten und vorzeitigen Leistungsentwicklung im Vordergrund stehen. Bei Beingelähmten und Doppeloberschenkelamputierten besteht die Schwierigkeit z. B. darin, seitliche Abweichungen von der Fortbewegungsrichtung möglichst gering zu halten. Mittels Gleichzugtechniken (Brustschwimmen oder Rückengleichschlagschwimmen) gelingt dies besser, wogegen bei der Erlernung von Wechseltechniken (Kraulschwimmen) zumeist ein wesentlich aufwendigerer Lernprozeß zu vollziehen ist. In allen Fällen, wo der Kopf nicht aus dem Wasser angehoben werden kann, sollte eine Schwimmart in Rückenlage angewendet werden. So sind auch schwer spastisch Gelähmte nach längerem Üben in der Lage, eine recht gute waagerechte Körperlage im Wasser einzunehmen. Im allgemeinen ist die Rückenlage für die Streckung im Hüftgelenk günstiger, da in Bauchlage eine Bewegung in der Hüfte und im Kniegelenk entsteht, was zu einem Absinken entsprechender Körperteile führt und damit zu einer Bremsung des Vortriebes. Beim Kraulschwimmen in Brustlage kann die freie Bewegungsmöglichkeit der Arme günstiger genutzt werden, um damit eine bessere Vortriebsleistung zu erreichen. Daher haben viele Behinderte bei Anwendung dieser Schwimmart bessere Möglichkeiten, ausgefallene bzw. geminderte Muskelfunktionen zu kompensieren. Geht man davon aus, daß Schwimmen auch für Behinderte eine Möglichkeit zu lebenslanger sportlicher Betätigung ist, so ist sowohl unter medizinischem als auch unter pädagogischem Aspekt der genannten Eingangsthese volle Zustimmung zu geben. Schwimmen steht daher mit Recht von Anfang an in allen Behinderungsbereichen im Übungs- und Wettkampfprogramm. [5; 53]