Verallgemeinerte Darstellung der Erkenntnisse über den Ursprung, das Wesen, den Sinn und die Funktion des Spiels als eine spezifische Tätigkeit des Menschen auf den einzelnen Entwicklungsstufen und in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen sowie mathematische Theorie von Konfliktsituationen.
Der Begriff Spieltheorie kann unter drei Aspekten betrachtet werden:
– Spieltheorie als philosophisch, psychologisch, biologisch oder soziologisch orientiere Deutungen des Phänomens Spiel. Sowohl die älteren klassischen als auch neueren Spieltheorien verdeutlichen eine Vielfalt von teils sich annähernden, aber auch divergierenden Auffassungen und Teilaspekten zum Wesen des Spiels (z. B. als ästhetische Kategorie; Kraftüberschuss; Lust und Zerstreuung; Erholung; Lebensergänzung; Selbstdarstellung der Persönlichkeit; Triebbefriedigung; Katharsis; Einübung; Nachahmung menschlicher Arbeit; Spannung und Lösung u. a. m.). „Neuere Theorien tragen der Vielfalt des Spiels und seiner Komplexität durch komplexere Modelle Rechnung“. (HAGEDORN) Während ältere Spieltheorien das durch Leistungsstreben gekennzeichnete Sportspiel außerhalb des Wesens des Spiels stellen, bemühen sich neuere Auffassungen um eine Auflösung dieses Scheinwiderspruchs von Spiel und Leistung (SCHEUERL, PASCHEN, WOHL, SUTTONSMITH, GRUPE, KOHL, HECKHAUSEN u. a.).
– Die spiel- oder sportpädagogisch orientierten Spieltheorien Diese Spieltheorien bemühen sich unter Nutzung der Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie und pädagogischen Psychologie um die Aufklärung der Funktion des Spiels als didaktisches Mittel und der Nutzung der immanenten Werte des Spiels für die Erziehung (GUTSMUTHS, FRÖBEL, JAHN, CLAPAREDE, BÜHLER, MAKARENKO, HETZER, SCHALLER, MÖCKELMANN u. a.) für den Bereich der Bewegungsspiele und Sportspiele geht es dabei vor allem um Aspekte der „Spieler-Persönlichkeit“, Gruppenbeziehungen, Handlungsstrukturen und Spielverhalten. Diese Spieltheorien streben nach theoretischer Verallgemeinerung konstruktiver Fakten der verschiedenen Spielsportarten (Spielsystematik), die sich dann in der Charakteristik der sportlichen Spieltätigkeit, in Strukturmodellen der Spielleistung oder Charakteristiken des Sportspielwettkampfes niederschlagen. Sie nehmen aber auch eine differenzierte Betrachtung spielartspezifischer Ausprägungen vor (z. B. hinsichtlich technischer Besonderheiten oder taktischer Erfordernisse). Schließlich besteht ihr Ziel in einer systematischen Ordnung der pädagogischen und methodischen Erkenntnisse der Unterrichts- und Trainingspraxis in den Sportspielen und der Erfahrungen aus dem Wettkampfwesen (BRETTSCHNEIDER, DIETRICH, DÖBLER, HAGEDORN, HILMER, KONZAG, I. u. G. MAHLO, RECLA, STIEHLER, HOHMANN u. a.).
– Die von WALD, v. NEUMANN u. a. entwickelte mathematische Spieltheorie zur Lösung von Konfliktsituationen. Ziel dieser Spieltheorien ist es, Empfehlungen für eine rationelle Handlungsweise jedes Gegenspielers im Verlaufe einer Konfliktsituation auszuarbeiten, also optimale Strategien zu bestimmen. Diese Spieltheorie berücksichtigt die Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Algorithmentheorie.
-Am weitesten ist gegenwärtig die Spieltheorie für die Zwei-Personen-Nullsummen-Spiele mit vollständiger Information (z. B. Schach) entwickelt. Bei den (Mehr-)Personenspielen, z. B. auch bei den Mannschaftssportspielen, erweist sich die mathematische Spieltheorie infolge der Vielzahl möglicher Strategien, der ständig wechselnden Kooperationen und zufälliger Züge in der Theorie und Praxis der Sportspieltaktik vorläufig noch als problematisch. [12]