Sport

Gesellschaftliches Phänomen, das sportliche Tätigkeit institutionalisiert.

Historisch wurzelt „Sport“ in dem lateinischen Wort deportare (wegtragen, spätlat.: sich zerstreuen, sich vergnügen). Als „deporter“ fand es im 11. bis 13. Jh. im französischen Sprachraum Verbreitung zur Bezeichnung von mittelalterlichen Volksspielen, Volksbelustigungen und höfischem Zeitvertreib. Mit dieser Bedeutung gelangte es in die neuenglische Sprache (to disport) und tauchte dort erstmals 1440 in der Kurzform „sport“ auf. Als Freizeitaktivität privilegierter englischer Landadeliger stieß der Sport bald auch auf dem europäischen Festland auf großes Interesse. Damit setzte sich das Wort Sport international durch (1828 wurde es erstmals in der deutschen Schriftsprache verwendet). In der deutschen Umgangssprache tritt das Wort in vielen Zusammensetzungen auf (z.B. Sportpolitik, Sportverein bzw. Leistungssport, Breitensport, Zuschauersport). Als etwa ab Mitte des 19. Jh. der Sport zu einem Gegenstand für die Wissenschaft wurde (z. B. für die Sporthistoriographie), ergab sich die Notwendigkeit, dem Wort Sport eine bestimmte Bedeutung zuzusprechen (Definition). Es ist also zu unterscheiden zwischen dem umgangssprachlichen Wort und dem für wissenschaftliche Zwecke definierten Begriff (Terminus) Sport. So ist beispielsweise die historisch rückschauende Betrachtung des „Sports“ des Altertums (Griechenland, Rom, Ägypten) nur möglich auf der Basis eines Sportbegriffs, der es gestattet, bestimmte Tätigkeiten zu klassifizieren und sie als unter den Begriff fallend zu charakterisieren. So ist für den Historiker WEILER (1988) die Sportdefinition von BERNETT (1971) als Arbeitsmittel brauchbar – Sport als „spontane motorische Aktivität aus spielerischem Antrieb, die nach meßbarer Leistung und geregeltem Wettkampf strebt“ -, weil er darin eine universelle Verhaltensweise sieht, die für die Naturvölker genauso feststellbar sei wie für die frühen Hochkulturen oder für die griechisch-römische Welt. Sportdefinitionen gibt es etwa so viele, wie es Autoren gibt, die sich dazu äußerten. Wobei die nachfolgenden in der Regel die Einseitigkeit bzw. Mängel der vorangegangenen Autoren zu beheben suchten. Auf einige Definitionen, die in der einschlägigen Literatur eine Rolle spielen, soll kurz verwiesen werden. Nach LÜSCHEN und WEIS (1976) ist „Sport . . . soziales Handeln, das sich in spielerischer Form als Wettkampf zwischen zwei oder mehr Parteien (oder gegen die Natur) abwickelt und über dessen Ausgang Geschicklichkeit, Taktik und Strategie entscheiden“. GRIESWELLE (1978): „Sport meint alle Tätigkeiten, die vorwiegend körperliche Bewegungen (motorische Aktivitäten) sind, die zielgerichtet nach körperlicher Leistung streben, d. h. auf bestimmte Gütestandards bezogen sind; bei denen die Beherrschung der leiblichen Motorik ausdrücklich thematisiert und zu einer Fertigkeit gemacht wird, die man lernen und einüben kann; die kein Produkt (Werk im engeren Sinne im Rahmen von Gewerbe, Kunst, Wissenschaft etc.) fertigen und von hierher gesteuert werden und ihren Sinn erfahren; die in einer Sportart, also nach spezifischen, sozialdefinierten Mustern stattfinden.“ REINEMANN (1980): „Sport ist durch folgende konstitutive Variablen definiert: Sport ist körperliche Bewegung; Sport unterliegt dem Leistungsprinzip; Sport ist durch soziale Normen geregelt; Sport ist unproduktiv.“ All den genannten Definitionen ist gemeinsam, daß sie Sport vorrangig unter dem Aspekt der Tätigkeit fassen. Merkmale dieser als „sportlich“ zu bezeichnenden Tätigkeit sind ihre körperliche (physische) Natur, ihre Leistungs- und Wettkampforientierheit. Bei BERNETT/LÜSCHEN/ WEIS wird der spielerische Charakter der Tätigkeit betont. Bei GRIESWELLE und REINEMANN wird hervorgehoben, daß diese Tätigkeit kein Produkt erzeugt. Beide Akzentuierungen haben den Zweck, die sportliche Tätigkeit von der Arbeitstätigkeit abzuheben, zu unterscheiden; denn die Arbeitstätigkeit ist auch körperliche, zielgerichtete, leistungs- und wettbewerbsorientierte Tätigkeit. Sie ist nicht spielerisch, und sie erzeugt Produkte. Den genannten Definitionen ist gemeinsam, daß sie streng genommen sportliche Tätigkeit definieren und davon abstrahieren, daß Sport auch eine soziale Institution ist, mit sozialen Beziehungen, mit einem bestimmten Normen- und Wertesystem, mit bestimmten Organisationsformen und Strukturen. Selbstverständlich haben die zitierten Autoren auch erkannt, daß der Sport ein soziales Phänomen ist und als solches auch Gegenstand wissenschaftlicher Reflexion sein muß. Bei RIGAUER (1982) findet sich eine Sportdefinition, die den genannten Mangel der vorherigen Definitionen aufbebt „Sport ist eine Institution. Im Sport tritt uns eine allgemein anerkannte gesellschaftliche Einrichtung gegenüber, in der körperliches und soziales Handeln mit Hilfe eines relativ systematischen und formalisierten Verhaltensmodells immateriell und materiell vergegenständlicht ist: Bewegungsziele und -werte, Bewegungsnormen und -regeln, Bewegungstechniken und -taktiken, Bewegungslehr-und -lernmethoden, Bewegungswissen, Modalitäten und Muster verbalen und nonverbalen Beziehungsaustauschs. Der Begriff Sport wird – im Alltag, in der Sportpraxis und Sportwissenschaft – von Akteuren und Betrachtern (Interpreten) als eine verallgemeinerte und rationalisierte Form gesellschaftlich abgesicherten Verhaltens gedacht. Wenn dieser Begriff kommuniziert wird, weiß man, was damit gemeint ist: eine Institution, vergleichbar der Erziehung, Bildung, Freizeit, aber auch des Berufs und Konsums.“ [32]

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